Christliche Gemeinschaft

Jesus im Koran

Die Muslime verehren Jesus als einen der großen Propheten und Gesandten Gottes, die bereits in den Zeiten vor Mohammed die Botschaft von Gottes Barmherzigkeit, Gottes Willen und Gottes Gericht über die Menschen am Ende der Zeiten verkündigten.

Keinem Muslim ist es erlaubt, etwas Unehrenhaftes über Jesus oder seine Mutter Maria (Maryam) zu sagen.

Wird der Name Jesu oder eines anderen Propheten genannt, so fügt der fromme Muslim den Segenswunsch "Friede sei über ihm" hinzu.

Im Koran und in der islamischen Literatur hat der Name "Jesus" die Form 'Isâ. Diese Form stammt wohl aus dem Syrischen, der Sprache, die die Christen im Nahen Osten damals benutzten.

Mehrfach wird Jesus im Koran mit seinem Beinamen "al-Ma-sîh", der Messias oder Christus, genannt; allerdings erklärt der Koran diesen Titel nicht näher.

Das Neue Testament bezeichnet Jesus mit dem Titel "Messias" als Gesalbten Gottes und nimmt damit alttestamentliche Tradition auf.

1 . Die Geburt Jesu

Die älteste Erwähnung Jesu im Koran ist die Darstellung seiner Geburt in Sure 19, 16 - 33. Diese Sure trägt den Namen "Maria" und erwähnt zunächst, wie das Lukas-Evangelium, Johannes den Täufer.

Der Koran teilt die christliche Vorstellung, daß Maria eine Jungfrau war, als sie Jesus gebar; doch sagt der Koran nicht, wie das apostolische Glaubensbekenntnis, Jesus sei vom Heiligen Geist empfangen, sondern: er sei von Gott durch ein Schöpfungswort im Leib der Maria geschaffen worden (vgl. Sure 21 , 91 ).

Gott schuf Jesus als ein "Zeichen" seiner Barmherzigkeit gegenüber den Menschen in aller Welt, da durch Jesu Predigt später viele Menschen zum Glauben an den einen Gott kommen sollten.

Nachdem Jesus unter einer Dattelpalme geboren war, kehrt Maria in die Stadt zurück; dort wird sie von ihren Angehörigen der Hurerei beschuldigt.

Da beginnt das neugeborene Kind zu sprechen und erklärt, daß es von Gott gesandt sei, um "das Buch" zu bringen und als Prophet den Menschen zu predigen; und daß es zum gemeinsamen liturgischen Gebet (salât) sowie zum Geben der Sozialabgabe (zakât) anleiten solle. Es habe seine Mutter zu ehren und zu schützen.

Um auf das Wunder der Jungfrauengeburt hinzuweisen, nennt der Koran Jesus immer "den Sohn der Maria".

In jenem Sprechwunder beschreibt Jesus seine späteren Aufgaben als Diener Gottes (Abd'allah).

Mit dem "Buch" ist das Evangelium (indschîâ) gemeint, unter dem die Muslime eine Heilige Schrift (kitâb) verstehen, die Jesus auf gleiche Weise "offenbart" wurde wie Mohammed der Koran.

Gebet und Sozialabgabe gehören zu den Grundpflichten der Gläubigen; im Islam zählte man sie später zu den "Fünf Säulen" der Religion.

Bereits in diesem Geburtsbericht wird Jesus als ein Geschöpf Gottes wie alle Menschen angesehen.

In einer späteren Stelle des Koran wird dies noch deutlicher: "Maria sagte: Herr! Wie sollte ich ein Kind bekommen, wo mich noch kein Mann berührt hat? Er sagte: Das ist Gottes Art zu handeln. Er schafft, was er will. Wenn er eine Sache beschlossen hat, sagt er zu ihr nur: sei!, dann ist sie" (Sure 3, 47).

Gott erweist seine Allmacht, indem er Jesus im Leib der Maria ohne Beteiligung eines Vaters erschafft.

Noch wunderbarer war allerdings die Erschaffung Adams ohne Vater und ohne Mutter; darauf verweist dieselbe Sure (Sure 3, 59).

Damit warnt der Koran davor, in Jesus wegen seiner ungewöhnlichen Entstehung mehr als einen Menschen, etwa den "Sohn Gottes", zu sehen. Der Koran betont, daß auch Jesus Gott als seinen Herrn und Schöpfer bekennt.

2. Die Aufgaben Jesu

Der Koran sieht die Aufgaben Jesu vor allem darin, daß er als Prophet die "Kinder Israel", die von den Lehren Moses abgefallen waren, erneut in den Gehorsam gegenüber Gott und seinen Geboten ruft.

Der Koran erwähnt, daß Jesus die strengen Speisegebote des Alten Testaments "zur Erleichterung für die Gläubigen" teilweise aufgehoben habe (Sure 3, 50; vgl. Sure 4, 160).

Wie andere Propheten erhält auch Jesus die Erlaubnis von Gott, als Beweis für seinen göttlichen Auftrag "Zeichen" oder Wunder zu tun.

Erwähnt wird vor allem die Erschaffung lebender Vögel aus Lehm (Sure 3, 49; 5, 110) - eine Wundergeschichte, die nicht im Neuen Testament steht, aber in der frühen Christenheit bekannt war. In Sure 5, 111-115 wird erzählt.

Gott habe auf Jesu Bitte hin einen Tisch mit Speisen vom Himmel herabkommen lassen.

Gott beglaubigt damit seinen Propheten und fügt die Warnung hinzu: "Wenn einer von euch anschließend wieder ungläubig wird, werde ich ihn dereinst auf eine Weise bestrafen, wie niemand auf der Welt" (Sure 5, 115).

Unglaube gegen den Propheten ist damit Unglaube gegen Gott selbst.

Auch Krankenheilungen und Totenerweckungen Jesu werden im Koran erwähnt, doch ohne die in den Evangelien erzählten Einzelheiten (Sure 3, 49; 5, 110).

Jesus ist der einzige Prophet, von dem der Koran Wunder dieser Art berichtet.

In Sure 61 , 6 wird eine im Christentum unbekannte Weissagung erwähnt, daß nämlich nach ihm noch ein neuer Prophet erscheinen werde, dessen Name "ahmad" (hochgepriesen) sei.

Da dieses Wort vom selben Wortstamm wie "Muhammad" abgeleitet ist, sahen die Muslime in dieser Prophezeiung einen Hinweis auf ihren Propheten.

Spätere Koranausleger versuchten, diesen Vers mit der Verheißung Jesu im Johannes-Evangelium zu verbinden, nach seinem Tod werde er den "Tröster" senden.

Der Evangelist Johannes hatte dieses Versprechen jedoch auf die Sendung des Heiligen Geistes bezogen (vgl. Johannes 14, 16; 15, 26; 16, 7).

Auch der Koran erwähnt, daß Jesus besonders heftigen Anfeindungen ausgesetzt gewesen ist und daß deshalb Gott ihn gestärkt hat durch den "Heiligen Geist" (Sure 2, 87; 5, 110).

Der "Heilige Geist" ist in der Sicht des Koran - wie die Engel - von Gott geschaffen.

Seine Aufgabe ist es, das Wissen der Gläubigen um den göttlichen Heilswillen und die göttliche Barmherzigkeit zu vertiefen, damit sie sich um so unbeirrter auf das künftige Gericht vorbereiten und in Anfechtungen standhaft bleiben (Sure 58, 22).

Für Jesus bedeutete die Stärkung durch den Geist vor allem die Verpflichtung, seinen Predigtauftrag gegen alle Widerstände durchzuführen, wie er dies bereits in der Wiege angekündigt hatte (Sure 19, 30).

Das "Wort" (kalîma) ist das Schöpferwort Gottes, durch das Jesus entstand.

Nach dem Koran ist Jesus aber nicht wie im Johannes-Evangelium selber das Wort Gottes.

Wenn der Koran von dem Wort Gottes spricht, das seit Ewigkeit bei Gott ist (kalâm), dann ist damit das himmlische Urbuch gemeint, aus dem alle Heiligen Schriften an die Gesandten offenbart wurden. Jesu Worte sind "Stimme der Wahrheit" (Sure 19, 34). Seine Wahrhaftigkeit und Rechtschaffenheit zeigen sich auch in seinem für die Gläubigen vorbildlichen Lebenswandel.

Seine Friedfertigkeit und Milde (Sure 19, 32) wirken auf die Menschen, sie verbreiten in seiner Gemeinde Frieden, Wohlergehen und Segen (Sure 57, 27).

Kein Vergehen gegen Gottes Gebote wird von ihm berichtet. Er gehört zu jenen, die Gott besonders nahestehen (Sure 3, 45).

Mit seiner Berufung steht Jesus in der Reihe der großen Gesandten Gottes wie Adam, Noah, Abraham, Mose und Mohammed.

Nach christlichem Glauben kam Jesus nicht, um ein neues Offenbarungsbuch zu überbringen.

Für Christen ist das Evangelium die Frohe Botschaft von der Gnade Gottes für alle Menschen, die nicht nur die Lehre Jesu, sondern auch sein Leben, Leiden und Sterben und seine Auferweckung durch Gott umfaßt.

3. Tod und Auferstehung Jesu

Nach islamischer Auffassung ist Jesus nicht am Kreuz gestorben.

Diese Meinung gründet sich auf folgende im Koran erwähnte Auseinandersetzung:

Nach Mohammeds Übersiedlung von Mekka nach Medina im Jahr 622, der Hidschra, erklärten einige der dort ansässigen jüdischen Gruppen, daß sie ihn als Propheten ablehnten, weil er nicht jüdischer Herkunft sei.

In dieser Auseinandersetzung verwiesen sie darauf, daß ihre Väter Jesus getötet hätten, weil sie dessen religiösen Anspruch ebenfalls nicht annehmen konnten.

In diese Situation hinein spricht folgender Vers des Koran:

"Sie sagten: Wir haben Christus Jesus, den Sohn der Maria und Gesandten Gottes, getötet. Aber sie haben ihn in Wirklichkeit nicht getötet und auch nicht gekreuzigt. Vielmehr erschien es ihnen nur so. Und diejenigen, die über ihn uneins sind, sind im Zweifel über ihn. Und sie können nicht mit Gewißheit sagen, daß sie ihn getötet haben. Nein, Gott hat ihn zu sich in den Himmel erhoben, Gott ist mächtig und weise" (Sure 4, 157 -158).

Damit sollte den Juden gezeigt werden, daß Gott ihre feindlichen Absichten gegen Mohammed ebenso vereiteln würde wie damals bei Jesus.

Ursprünglich richten sich diese Sätze nicht gegen die Christen und deren Lehre von der Sündenvergebung, die mit dem Kreuzestod Jesu begründet ist.

Erst später wurde damit die christliche Kreuzestheologie abgelehnt.

Schwer verständlich ist jedoch der Nachsatz in Vers 157 ("Vielmehr erschien es ihnen nur so").

Manche Kommentatoren meinten, daß Gott einem anderen Menschen - einige nennen Simon von Kyrene, andere Judas Iskariot - das Aussehen Jesu verlieh, so daß die Juden ihn für Jesus hielten und kreuzigten, während der echte Jesus entrückt wurde.

In Sure 19, 33 heißt es als Wort Jesu: "Heil sei über mir am Tag, da ich geboren wurde, am Tag, da ich sterbe, und am Tag, da ich wieder zum Leben auferweckt werde."

Das bedeutet, daß Jesus wie alle Menschen gestorben ist und auf die Auferweckung aller Toten wartet.

Wenn aber Jesus nicht am Kreuz gestorben ist, stellt sich die Frage: wo und wann starb er dann?

Auf diese Frage hat die spätere islamische Tradition verschiedene Antworten gegeben.

4. Der Koran zur Gottessohnschaft und zur Trinität

Im Zentrum der Lehre des Koran und Mohammeds steht der Glaube an den einen und einzigen Gott.

Gott duldet keine anderen Götter neben sich; er ist in seinem Wesen eins (vgl. Sure 112).

Wer ein Geschöpf als Sohn Gottes betrachtet und damit neben Gott etwas als göttlich verehrt, begeht nach islamischem Verständnis die unfaßliche Sünde der "Beigesellung" (schirk), für die es keine Vergebung gibt.

Wenn Christen von Jesus als "Sohn Gottes" reden, verstehen Muslime diese Bezeichnung im Sinne von leiblicher Herkunft; sie werden damit an altarabischen Vorstellungen vor Götterfamilien (vgl. Sure 53, 19 ff ) erinnert, gegen die Mohammed seine Botschaft auszurichten hatte (Sure 19, 88-95).

Schließlich wirft der Koran den Christen vor, neben Jesus als dem "Sohn Gottes" auch seiner Mutter Maria als der "Mutter Gottes" göttliche Verehrung zu weihen.

Der Koran sieht darin einen Verrat an dem Glauben an den einen Gott und einen Glauben an drei Götter; er bemüht sich, Jesus von dem Vorwurf zu reinigen, er habe möglicherweise diesen "Irrglauben" hervorgerufen (Sure 5, 116).

Nach der Darstellung des Koran geht dieser Irrtum allein zu Lasten der Anhänger Jesu.

Daß ein Glaube an drei Götter eine Verirrung darstellt, ist auch die Überzeugung der christlichen Kirchen.

Daß aber diese Ablehnung in der Koranauslegung ausgeweitet wird auf den ganz anderen christlichen Glauben an die Dreieinigkeit des einen Gottes, belastet das theologische Gespräch.

Der Koran lehnt nicht nur die Trinität, sondern auch die anderen zentralen christlichen Glaubensaussagen ab, die mit der Person Jesu verbunden sind:

Keiner kann vor Gott dem anderen etwas abnehmen, keiner kann stellvertretend für einen anderen leiden (Sure 35, 18).

Selbst die im Christentum bekannten Begriffe und Namen Jesu bekommen damit im Koran eine andere Bedeutung, die den islamischen Lehren entspricht.

Der Koran bemüht sich, Jesus einen ehrenvollen Platz inmitten der Propheten und Gottgesandten zuzuweisen, aber er versteht Jesus nur als einen der Boten Gottes, zwischen denen kein Unterschied gemacht werden darf.

5 . Jesus im Verständnis der islamischen Theologie

Im Koran wird Jesus als Geschöpf dargestellt.

Jeder Versuch, ihn als "Sohn Gottes" dem Schöpfer zur Seite zu stellen, wird zurückgewiesen.

Jesus wurde von Gott zum Propheten und Gesandten berufen.

Damit steht er in einer Reihe mit Adam, Noah, Abraham, Mose, Mohammed (Sure 46, 35), zwischen denen kein Unterschied gemacht werden darf (Sure 2, 136).

Auf der Grundlage des gleichen Bekenntnisses zu Gott haben sie jeweils eine eigene scharîa (d. h. religiöses Gesetz) zu verkünden.

Jesus gilt als der letzte Prophet der zu den Juden gesandt wurde, um Veränderungen, die an dem von Mose übermittelten göttlichen Gesetz vorgenommen worden waren, zu berichtigen.

Muslime warnen davor, die Rolle Jesu für die islamische Theologie zu überschätzen.

Die koranischen Geschichten über Jesus und die späteren außerkoranischen Erzählungen sollen die Frömmigkeit stärken.

Wenn sich islamische Theologen mit Jesus befaßten, dann zumeist nur, um die christlichen Glaubensaussagen von Jesus Christus als dem "wahren Gott und wahren Menschen" und von seinem Sühnetod zu widerlegen.

Insbesondere die Bezeichnung Jesu als "Sohn Gottes" hat den Widerspruch der islamischen Theologen hervorgerufen.

In der islamischen Theologie wird streng zwischen dem ewigen und unveränderlichen Schöpfer und den vergänglichen, nur durch die Macht des Schöpfers lebendig gewordenen Geschöpfen unterschieden.

Für die christliche Überzeugung, daß Gott aus eigenem und freiem Entschluß selbst Mensch, Geschöpf wurde, gibt es hier keinen Raum .

Die islamische Theologie lehnt die christliche Lehre ab, der zufolge die Menschen ihr Verhältnis zu Gott nicht aus eigenen Kräften in Ordnung bringen können, sondern dabei auf die Hilfe Gottes angewiesen sind.

Für die islamischen Gelehrten hat der Mensch durchaus die Möglichkeit, durch Gehorsam gegenüber den göttlichen Verordnungen das ewige Leben zu erwerben.

Aus diesem Grund lehnen Muslime die christliche Versöhnungslehre ab; für sie kann der Tod Jesu keine Heilsbedeutung besitzen.

In dieser Haltung sehen sie sich durch Sure 4, 157 unterstützt. Dort wird die Behauptung zurückgewiesen, die Juden hätten Jesus getötet und gekreuzigt.

Wenn die Kreuzigung nicht stattfand, so argumentieren sie, dann hat die christliche Versöhnungslehre keine Grundlage mehr.

Es besteht jedoch kein Grund, an der Geschichtlichkeit der Kreuzigung Jesu zu zweifeln.

Denn nicht nur die vier Evangelien berichten darüber, sondern auch antike nichtchristliche Geschichtsschreiber, die diesem Ereignis keine Heilsbedeutung beimaßen und deshalb kein Interesse gehabt hätten, es zu erfinden.

Neben der Lehre von der Versöhnung durch den Kreuzestod Christi hat vor allem der Glaube an die Dreieinigkeit Gottes den Widerspruch der islamischen Gelehrten hervorgerufen.

Der Glaube, daß es derselbe Gott ist, der sich im Alten Testament und in Jesus Christus in der Kraft des Heiligen Geistes geoffenbart habe, wird von der islamischen Theologie als unvereinbar mit dem Bekenntnis der Einheit Gottes (tauhîd) zurückgewiesen.

Vieles aus dem Faltblatt "Jesus im Koran - Nr. 10 in der Serie Information Islam"
 
 

Gehalten am 03. Juni, 1997 in einem Hauskreis der CG Itzehoe
 
 

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